Waldgrundstück Bokelfenn

Aktuell: Der seltene Pilz des Jahres 2023 gedeiht im Bokelfenn

Schläuche (Asci) mit Sporen des Sumpf-Haubenpilzes (1000fach vergrößert)
Schläuche (Asci) mit Sporen des Sumpf-Haubenpilzes (1000fach vergrößert)

Im Frühjahr lässt sich im NABU-Waldgrundstück Bokelfenn ein besonderes Phänomen beobachten: Aus den dunklen, modrigen Pflanzenresten in den Randbereichen des Schnakenbachs erheben sich strahlend gelbe Gebilde mit weißem Stiel. Hierbei handelt sich es sich um einen Pilz, und zwar um den nach seinem Lebensraum und Form benannten „Sumpf-Haubenpilz“ (Mitrula paludosa). Als Streuzersetzer erfüllt er im Ökosystem die wichtige Funktion, in den Pflanzenresten gebundene Nährstoffe wieder für andere Organismen verfügbar zu machen. Dem Pilz dienen die auffälligen Fruchtkörper dabei zur Fortpflanzung: Als Schlauchpilz werden in schlauchähnlichen Gebilden (Asci) elliptische Sporen gebildet, über die sich der Pilz dann ausbreitet. Dies zu erkennen ist mit bloßem Auge allerdings nicht möglich, weil die Sporen nur etwa 0,015 Milimeter kurz sind. Unter einem Lichtmikroskop bei 1000-facher Vergrößerung lassen sich diese Strukturen dafür umso besser abbilden.

An seinen Standort stellt der Sumpf-Haubenpilz hohe Ansprüche: Er benötigt sumpfige, nährstoffarme Gewässer in naturnahen Wäldern, die aktuell besonders gefährdet sind. Aus diesen Gründen wurde der Sumpf-Haubenpilz als Pilz des Jahres 2023 von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie ausgewählt. Dem bedrohten Lebensraum und seiner Seltenheit geschuldet hat der Sumpf-Haubenpilz die Einstufung 2 auf der Roten Liste in NRW erhalten. Sein Auftreten zeichnet das Waldgrundstück also als wertvolles und schützenswertes Gebiet aus und wir sind froh, diesem faszinierenden Pilz gerade in diesem Jahr im Bokelfenn begegnet zu sein.

 

Neues NABU-Grundstück - 15 Hektar Wald – geschenkt!

Zum 15.6.20 ist der NABU Bielefeld Eigentümer des Waldgrundstücks Bokelfenn! Für die großzügige Schenkung des fast 15 Hektar großen, naturbelassenen Kiefern-Mischwaldes gilt unser allerherzlichster Dank der Familie Ebeler-Kehle. Die Überlassung des Grundstücks an den NABU Bielefeld ist eine sehr wirkungsvolle Schutzmaß-nahme für den Erhalt und die Entwicklung naturschutzfachlich wertvoller Bereiche. Idyllisch windet sich der Schnakenbach durch das südwestliche Waldstück. Die landschaftlich ausgedehnten Dünenfelder werden in der Krautschicht von Heidelbeeren dominiert, stellenweise leider auch von der  Spätblühenden (oder Amerikanischen) Traubenkirsche, die wir künftig zurückdrängen wollen.

Der auf dem Grundstück Bokelfenn befindliche Waldbestand hat bereits jetzt Naturwaldcharakter und soll weitgehend in seiner Ursprünglichkeit erhalten werden. Lediglich die Verkehrssicherungspflicht und der zurückhaltende Umbau zu einem Laubwald werden gelegentliche kleinere Eingriffe erfordern. Im nächsten Jahr planen wir bereits ein Exkursionsangebot, bei dem sich Interessierte einen Eindruck von der Artenvielfalt unseres Grundstücks und den Naturschutzzielen verschaffen können.

Foto Rehkitz: J. Albrecht


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Lippische Landes-Zeitung am 28. September 2020: Ein einmaliges Geschenk
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Westfalen-Blatt am 14. Oktober 2020: Nabu erhält 15 Hektar Wald
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Bildergalerie Bokelfenn (Fotos: Wiebke Homann, Jürgen Albrecht)

Die Landschaft im Bokelfenn

Unser neuer Wald „Bokelfenn“ liegt im Stadtgebiet von Oerlinghausen am Rande der Wistinghauser Senne. Die Bokelfenner Straße unterteilt die Waldfläche in ein nördliches (ca. 10 ha) und ein südliches Teilstück (ca. 5 ha). Das nördliche Teilstück wird von einem verzweigten Trockental durchzogen und kann somit der Zone der Trockentäler in der Oberen Senne zugeordnet werden. Etwa in der Höhe der Bokelfenner Straße entspringt in diesem Trockentalkomplex der Schnakenbach. Er durchfließt das südliche Walddrittel, das der Zone der Quelltäler zugehört. Seine Wasserführung wird auch von der Grundwasserförderung in der Wassergewinnungsanlage der Stadtwerke Oerlinghausen beeinflusst, die unmittelbar oberhalb des Trockentals liegt.

 

Der Landschaftsplan „Sennelandschaft“ des Kreises Lippe weist die Gesamtfläche als Landschaftsschutzgebiet aus (LSG "Teutoburger Wald mit Brackweder Osning und Obere Senne mit Wistinghauser-, Haustenbecker- und Augustdorfer Senne und Ausläufern der Stukenbrocker Lehmplatten“) und die Bereiche des Trocken- und Quelltals als geschützten Landschaftsbestandteil "Trocken- und Kastentäler des oberen Schnakenbaches“. In den nächsten Jahren soll der Bereich als Teil des Naturschutzgroßprojektes „Senne und Teutoburger Wald“ des Kreises Lippe dem Naturschutzgebiet "Trockentäler, Kastentäler und Dünen des oberen Westerholter Baches“ angegliedert werden.

 

Die südlichen 2/3 „unseres“ Bokelfenn-Waldes weist das Biotopkataster des Landes NRW als schutzwürdiges Biotop aus (BK-4017-324: Kastentäler und Dünen des Schnaken- und Westerholter Baches). Dieses wird von Kastentälern in mit Kiefernforsten bestockten, ausgedehnten und überwiegend morphologisch intakten Dünenfeldern geprägt. Dem Datenblatt zu BK-4017-324 ist folgende Charakterisierung zu entnehmen:

  • Im Norden der letzten Ausläufer des Tales stockt ein lichter Kiefer-Birkenwald. Die Krautschicht wird von Zwergsträuchern (Heidel- und Preißelbeere, Heidekraut) dominiert. Der Untergrund ist hier teilweise wellig bewegt. Die geringe Höhe der Wellen sowie die sehr gleichmäßige Breite und Länge lassen darauf schließen, dass es sich um noch im Gelände sichtbare Walläcker handeln könnte.
    • Der Schnakenbach wird ebenso wie der Westerholter Bach nur von vereinzelten Schwarzerlen begleitet. Das durch Sand geprägte Bachbett mäandriert leicht im Gelände, wo sich die angrenzenden Forste etwas lichten ist der Bach von niedrigwüchsigen Bachröhrichten eingenommen.
    • In beiden Teilflächen werden die zwischen und um die Täler herum liegenden Dünenfelder ganz überwiegend von Kiefernforsten bestockt, die stellenweise von Sandbirke und Stieleiche begleitet werden. Die Krautschicht ist in Abhängigkeit zur Dichte der von der Spätblühenden Traubenkirsche dominierten Strauchschicht unterschiedlich deckend und wird überwiegend von Blaubeere und Drahtschmiele geprägt.

Das Biotopkataster formuliert u.a. folgende Schutzziele:

  • Erhalt und Entwicklung von Altholzbeständen
  • Erhalt und Entwicklung von lichten Laubmischwäldern
  • Erhalt der natürlichen Morphologie
  • Erhalt kulturhistorisch wertvoller Relikte mittelalterlicher Landnutzungsformen.

Diesen Zielen wollen wir uns in den kommenden Jahrzehnten annähern durch:

  • eine sehr extensive, naturnahe Waldpflege (i.W. Verkehrssicherung)
  • Zurückdrängung der Spätblühenden (Amerikanischen) Traubenkirsche
  • Aufbau und Erhaltung eines großen Vorrats von stehendem und liegendem Totholz
  • Erhaltung der Altbäume
  • sukzessive Umwandlung in einen bodenständigen Laubholzbestand.

Eine ausführliche Schilderung des Gebiets enthält das Jahresheft 15 des NABU Bielefeld:

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ALBRECHT, HÖWELER & HOMANN (2022): Geschenkt: Ein neues NABU-Grundstück im Bokelfenn.
Erschienen im Jahresheft 15 (2022) des NABU Bielefeld, S. 78-92
11-Albrecht-Höweler-Homann-Bokelfenn_A5.
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Ein Faltblatt erläutert unsere - für Nichteingeweihte manchmal etwas befremdlichen - Bekämpfungsmaßnahmen der Spätblühenden Traubenkirsche:

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Faltblatt "Baumfrevler am Werk??"
NABU_Waldflyer_22_Web.pdf
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Bildergalerie Naturwaldstrukturen, Pflegemaßnahmen (Fotos: Jürgen Albrecht)

Vogelbestandsaufnahmen im Bokelfenn 2020/2021

Von April bis Juni 2020 haben wir bei vier Begehungen sowie von März bis Juni 2021 bei 10 Begehungen den Vogelbestand in unserem neuen Waldgrundstück erfasst. 34 Arten wurden aufgrund revieranzeigender Verhaltensweisen (z.B. Reviergesang der Männchen, Nestbau, Fütterung von Jungvögeln) als Brutvögel oder als brutverdächtig eingestuft; sie markierten insgesamt 164 (2020) bzw. 329 (2021) Reviere. Weitere 10 Arten erschienen als Gäste. Terminbedingt war die Erfassung 2020 unvollständig, das tatsächliche Potenzial der Waldfläche spiegelt wohl eher die Kartierung 2021 wider.

 

Unter den Brutvögeln werden in der Roten Liste der gefährdeten Vogelarten in NRW (2016) eine Art als „stark gefährdet“ (Kategorie 2: Baumpieper) und 3 Arten als „gefährdet“ (Kategorie 3: Kleinspecht, Star, Waldlaubsänger) eingestuft, 2 weitere Arten stehen auf der Vorwarnliste (Kategorie V: Fitis, Wacholderdrossel).

 

Unter den Gästen sind zwei Arten „stark gefährdet“ (Kategorie 2: Wachtel, Ziegenmelker) und zwei „gefährdet“ (Kategorie 3: Feldlerche, Waldschnepfe). Bei zwei Arten ist künftig ohne konkrete artspezifische Schutzmaßnahmen eine höhere Gefährdung zu erwarten (Zusatzkennung „S“: Heidelerche, Ziegenmelker).

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Gesamtliste der Vogelarten 2020/2021 zum Download
Bokelfenn-Vogeltabelle-2020-2021.pdf
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Bildergalerie Vogelarten im Bokelfenn: Baumpieper, Buntspecht, Fitis, Gimpel, Grünspecht, Heidelerche, Kernbeißer, Kleinspecht, Mäusebussard, Schwarzspecht, Sperber, Star, Trauerschnäpper, Waldlaubsänger

(Fotos: Andreas Schäfferling)

Beobachtungen weiterer Arten

Im Bokelfennwald des NABU und auf unmittelbaren Nachbarflächen trafen wir 2020 und 2021 noch weitere bemerkenswerte Tierarten an:

  • Zwergfledermäuse (31.5.2020)
  • Breitflügelfledermaus (14.6.2021)
  • Großer Abendsegler (14.6.2021)
  • Rehkitz/Jungreh (17.5. und 20.6.2020)
  • Wildschwein (Suhlen, Wühlspuren)
  • Blindschleiche (17.5.2020, 2.6.2021, 17.10.2021)
  • Grasfrosch (20.6., 26.9.2020, 17.10.2021)
  • Erdkröten (13.7.2021)
  • Feldgrillen (31.5.2020)
  • Zweigestreifte Quelljungfer (Juni/Juli 2021)
  • Faulbaum-Bläuling (13.7.2021)
  • Schwarzer Schnegel (28.5.2021)

Aus der Pflanzenwelt wurden die Gefäßpflanzen weitgehend erfasst, von Moosen bislang lediglich Zufallsfunde notiert. Die Pilzbestandsaufnahme durch die mykologische Arbeitsgemeinschaft des Naturwissenschaftlichen Vereins für Bielefeld wurde im Jahresheft 15 (2022) des NABU Bielefeld veröffentlicht (Download s. unten).

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Gefäßpflanzenliste 2020/2021 zum Download
Gefäßpflanzen-Bokelfenn-2021.pdf
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BUNZEL & SALZENBERG (2022): Die Pilze im NABU-Wald Bokelfenn - Ein Zwischenbericht.
erschienen im Jahresheft 15 des NABU Bielefeld, S. 93-109.
12-Bunzel+Salzenberg_Pilze-Bokelfenn_End
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Bildergalerie Pflanzen im Bokelfenn: Schattenblümchen, Grausegge, Siebenstern, Preißelbeere, Stechpalme, Vogelbeere, Maiglöckchen, Rippenfarn, Heidelbeere, Preißel- u. Heidelbeeren (Fotos: Jürgen Albrecht)